Kolleg St.Josef, Salzburg-Aigen

 
Interreligiöse Tage im Kolleg St. Josef

Auf den Spuren des Lukasevangeliums mit dem jüdischen Rabbi Dr. Yuval Lapid.

In der Zeit vom 15.- 19. September 2014 besuchte der bekannte jüdische Bibelfachmann Dr. Yuval Lapide das Salzburger Kolleg St. Josef- Internationales Zentrum für Kostbar-Blut-Spiritulität. Er referierte eine knappe Woche lang über die jüdisch-hebräischen Hintergründe des Lukasevangeliums. Mit großer Präzision und Engagement für seine motivierten Seminarteilnehmer legte der praktizierende Jude die jüdische Welt Jesu im 1. Jahrhundert in Palästina dar. Unter Heranziehung umfangreicher sekundärliterarischen Quellen jener Zeit wie Talmud, Midrasch und Josefus Flavius´ großem Werk "der Jüdische Krieg" gelang es ihm, ein sehr lebendiges Bild der Zeit Jesu‘ zu zeichnen.
Yuval Lapide ging es darum, seinen christlichen Zuhörern die Grundlagen ihrer reichen jüdischen Wurzeln bewusst zu machen und sie so in ihrem eigenen Glaubensleben tiefer zu verwurzeln, wie Paulus sagt: Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich. (RÖM 11, 18)

Der Referent betonte, wie wichtig es sei, die Begebenheiten, von denen der judenchristliche Evangelist Lukas berichtet, mit zeitgenössischen jüdischen Augen und Herzen zu verstehen; wie wichtig es sei, die jüdische Glaubenswelt Jesu von Nazareth und die jüdisch-biblischen Denkkategorien der über Jesus berichtenden und ihn verkündenden Evangelisten gründlich kennenzulernen. Immer wieder während seiner interaktiv geführten Gruppengespräche hob Lapide den engen Zusammenhang zwischen der in den Evangelien genannten "Schrift", den heiligen Worten der Tora bzw. des Ersten (Alten) Testaments, und dem darauf beruhenden Gottes- und Menschenbild der berichtenden und verkündenden Evangelisten hervor.

Die schreibenden Evangelisten schöpften ausnahmslos aus der ihnen bekannten und von ihnen sehr geschätzten jüdischen Glaubenswelt, die im damaligen Palästina vorherrschend war und zum unverzichtbaren Bestandteil ihres eigenen theologischen Denkens und Weltanschauung gehörte. Die Geschehnisse um die Geburt und das große Wirken des Juden Rabbi Jesus von Nazareth erlebten und deuteten sie gänzlich im Kontext der Hoffnungen, Erwartungen und Prophezeiungen des Ersten Testaments. Nur aufgrund dieser Prämisse lassen sich die vielen Zitate, Anspielungen, Andeutungen und Bezugnahmen in den Evangelien zu Beschreibungen an das Alte Testaments, richtig verstehen.
Lapide bezeichnete den Verkünder Lukas als großen „Midrasch-Erzähler“, der in der ihm sehr vertrauten schriftstellerischen Tradition der jüdisch-rabbinischen Exegese seine individuelle theologische Sicht des Lebens und Wirkens Jesu mit inneren Bildern, Aphorismen und Assoziationen angereichert hat, um durch seine persönliche Berufung und Begeistung seine Leser zu bewegen und zu begeistern.

Die Teilnehmer am interrreligiösen Seminar waren ihrerseits begeistert und von Lapides tiefschürfenden Ausführungen. Sie konnten viele Impulse für ein weitergehendes Studium der neutestamentlichen Schriften im Licht der jüdischen Tora erhalten. Das St.Josef-Institut plant eine Fortsetzung des Seminars mit dem Referenten im kommenden Jahr – vom 13.09.-18.09.2015.


 
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